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EIN STÜCK VOM HIMMEL AUF ERDEN

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Von Fallschirmsprüngen, Physik und dem Countdown beim Freifall, denn Gravität ist nicht verhandelbar.

Hallo, liebe Freunde des Lebens und der besonderen Erlebnisse,

wer mich ein wenig kennt, der weiß, dass ich ein passionierter Fallschirmspringer bin und viele Stunden meines Lebens zwischen Himmel und Erde erleben konnte. Wenn ich jetzt daran denke, war das immer wie ein Rausch, der doch auch immer ein gutes Stück Vertrauen, Mut und Können erfordert hat. Fallschirmspringen ist zweifelsfrei eine riskante Sportart, die man aber sehr sicher ausüben kann, wenn man die Technik versteht und sich ernsthaft mit der Physik des Fallschirmspringens befasst. Dabei kenne ich auch die Momente, in denen es hätte kritisch werden können. Immerhin konnte man in meinen ersten Sprungjahren kaum auf sicherem Boden üben. Alles das, was in der Luft zwischen Himmel und Erde funktionieren sollte und musste, konnte man tatsächlich auch nur während des Sprungs üben.

 

Dazu muss man wissen, dass ein üblicher Fallschirmsprung bei einer Absprunghöhe von 4.000 Metern über der Dropzone etwa 50 Sekunden freien Falls beinhaltet. Das ist diese magische Phase, in der man nicht das Gefühl hat zu fallen, sondern es ist dieses faszinierende Gefühl des freien Fliegens in einem endlosen Himmel, das in mir immer wieder diese unglaubliche Euphorie auslöst, auch nach tausend Sprüngen noch. Physikalisch betrachtet fliege ich aber nicht, sondern ich falle – und zwar mit 50 Metern pro Sekunde der Erde entgegen. Wenn ich in 700 m über der Erde meinen Fallschirm öffne, dann ist das – rational betrachtet – 14 Sekunden vor Lebensende. Anfangs galt das ganz absolut – heute springe ich mit einer AAD –  einer „Automatic Activation Device“ namens Cypress. Dieses System misst meine Höhe und meine Freifallgeschwindigkeit und wenn ich vergessen sollte, meinen Schirm zu öffnen, dann aktiviert das AAD im letzten Moment meinen Reserveschirm.

Voraus gehen natürlich der Exit aus dem Fluggerät, und die 11 Sekunden, die man beschleunigt, bis der Luftwiderstand, – der ja im Quadrat zur Geschwindigkeit zunimmt – und die Erdanziehungskraft sich egalisieren. Erst wenn das passiert ist, hat mein Körper auf dem Bauch liegend eine stabile Freifallgeschwindigkeit und Position erreicht und es beginnen diese magischen Sekunden des als freien Fliegens empfundenen Fallens. Wenn ich dann meinen Schirm geöffnet habe, geht es mir nur noch darum, möglichst schnell sicher zu landen, meinen Schirm neu zu packen und dem nächsten Exit entgegenzufiebern.  

Wenn man realisiert, dass man sich im freien Fall mit etwa 50 Metern pro Sekunde dem Aufschlag auf den Boden und damit dem sicheren Tod nähert, dann weiß man auch, wie begrenzt die Zeit des freien Fliegens ist. Sprung für Sprung arbeitet man an seinen Freifall-Skills, trackt diagonal durch den Himmel, beschleunigt im Head Down auf über 250 km/h oder vollführt Rollen und Pirouetten oft gemeinsam mit den gleichgesinnten Freunden. Der limitierende Faktor ist die begrenzte Freifall-Zeit und die maximal sechs bis zehn Sprünge eines vollen Sprungtages – in Summe fünf bis acht Minuten freies Fliegen.

Schon lange, bevor es das Windkanalfliegen als aufregendes Freizeitvergnügungen für jedermann gab, haben sich kluge Menschen Gedanken darüber gemacht, wie man Möglichkeiten schaffen könnte, die Übungen für das Skydiving im freien Fall auf den sicheren Boden zu holen. Der erste Versuch, den ich mir vor bald 40 Jahren selbst angesehen habe, mutet heute recht abenteuerlich an, war für mich aber die Initialzündung für das, was ich heute mit meinem eigenen vertikalen Windkanal jedes Jahr zehntausenden Menschen in meiner Anlage im Süden Münchens, bei mir zu Hause ermögliche.

Irgendwo in der Wüste von Elat, Israel hatte ein ambitionierter Fallschirmspringer und Pilot einen alten DC 3 Propeller Motor so auf ein Stahlgestell geschraubt, dass der so erzeugte Wind senkrecht aufstieg und rundherum einen Kanal aus Draht und wackligen Brettern errichtet. So konnte er einen Windstrom erzeugen, auf dem sich zumindest bedingt frei fliegen ließ. Dazu mussten damals noch riesige Anzüge übergezogen werden, sodass man aussah, wie das berühmte Michelinmännchen. Und wegen des mehr oder weniger ungesteuerten Luftstrom waren diese Flugversuche eben auch nicht mehr als ziemlich gefährliche Versuche. Aber als ich das erste Mal über die Bretterwand aufsteigen konnte und frei über der Wüste schwebte, da wusste ich, dass ich eines Tages einen eigenen Windkanal besitzen würde, in dem praktisch jeder dieses faszinierende Gefühl des Fliegens, mit nichts als dem eigenen Körper, ungefährlich würde erleben können.

Später dann haben sich viele Menschen damit befasst, Möglichkeiten für das Indoor-Skydiving zu schaffen, die ebenso sicher wie komfortabel sein sollten. Für ein gutes Ergebnis brauchte es jede Menge Ideen und sehr gute Ingenieure.

Eigentlich war es der deutsche Aerodynamiker Ludwig Prandtl, der lange vor den Anfängen des freien Fliegens auf einem Luftstrom eine horizontale, rotierende Luftströmung entwickelt hatte, die in einem Windkanal eine gleichmäßige Strömungsgeschwindigkeit mit einem relativ geringen Energieaufwand möglich macht.

Dieses Prandtlsche Modell war der Ausgangspunkt, eine vertikale Windkanalanlage zu entwickeln, die einen absolut gleichmäßigen, „laminaren“ Luftstrom generiert. Erzeugen lassen sich hier Windgeschwindigkeiten, die über der Geschwindigkeit des freien Falles liegen. Damit wird es möglich, den freien Fall als Element des Fallschirmspringens ohne zeitliches Limit zu üben. Und besonders für all jene, die mit dem Fallschirmspringen auch die attraktiven Kunststücke in der Luft verbinden, ist eine solche Windkanalanlage die beste Möglichkeit, ohne Risiko trainieren und üben zu können. Quasi in jeder Lebenslage, aber immer mit der Sicherheit, nicht aus großer Höhe ungebremst abstürzen zu können.

Damit gibt es aber nicht nur für Profi-Fallschirmsportler exzellente Übungsmöglichkeiten. Auch für den Freizeitsport und zum abenteuerlichen Erlebnis kann der Windkanal genutzt werden. Und eine der modernsten Anlagen steht in der Jochen Schweizer Arena in München. Vielleicht ist auch das ein Grund, dass die nächsten Deutschen Meisterschaften im Indoor Skydiving am 03. und 04. März 2023 genau hier stattfinden werden. Darauf freue ich mich, lässt sich doch hier für mich ein gutes Stück Geschichte zwischen Himmel und Erde nachfühlen. Irgendwie bin ich ja auch ein Teil dieser Geschichte geworden. Und wer weiß, vielleicht treffen wir uns genau dort.

Bis dahin, blue skies,  

Euer Jochen

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